Straftäter: Fahrverbot statt Geldstrafe

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Straftäter: Fahrverbot statt Geldstrafe

Beitrag von Pfiffy »

Koalition plant Fahrverbot für Straftäter

Den Führerschein-Entzug könnte man in Deutschland künftig auch dann riskieren, wenn man sich abseits der Straßenverkehrsordnung daneben benimmt

Immer mehr Straftätern macht eine Geldstrafe kaum etwas aus, glauben Experten. Deswegen sucht die Politik ein wirksameres Mittel: das Fahrverbot. Ob der Vorstoß von Schwarz-Rot eine Chance hat?

Der Ansatz klingt pragmatisch. Steuersünder, Ladendiebe und andere Kleinkriminelle kann die Justiz mit Geldstrafen oft kaum noch beeindrucken. Und Haftstrafen für vergleichsweise geringe Delikte oder weil der Delinquent die Geldstrafe nicht zahlen kann, verstopfen Gefängnisse. Seit Jahrzehnten kommen Politiker deshalb immer wieder auf die Idee, Übeltäter mit einer für sie empfindlichen Strafe zur Raison zu bringen: mit einem Fahrverbot.

Schon 1992 debattierte der Deutsche Juristentag in Hannover einen Vorschlag, nach dem Fahrverbote nicht mehr nur bei Verkehrsdelikten ausgesprochen werden sollten, sondern generell - also auch dann, wenn kein Auto im Spiel ist. Doch daraus wurde bis jetzt nichts. Bundesregierungen verschiedener Couleur scheiterten schon mit Vorstößen für ein Fahrverbot als Hauptstrafe.

1998 etwa lief Justizministerin Herta Däubler-Gemlin (SPD) ins Leere, als sie kurz nach dem Start der ersten rot-grünen Bundesregierung für Führerscheinentzug als neue Strafform plädierte. Ähnlich erging es Brigitte Zypries, die als SPD-Justizministerin in der ersten großen Koalition von CDU-Kanzlerin Angela Merkel 2008 ein Fahrverbot als Hauptstrafe prüfen ließ. Nun also ein neuer Anlauf der aktuellen großen Koalition: «Um eine Alternative zur Freiheitsstrafe und eine Sanktion bei Personen zu schaffen, für die eine Geldstrafe kein fühlbares Übel darstellt, werden wir das Fahrverbot als eigenständige Sanktion im Erwachsenen- und Jugendstrafrecht einführen», heißt es im Koalitionsvertrag von 2013 auf Seite 146.

Fahrverbot für Straftäter: Gesetzentwurf noch 2015

In der zweiten Jahreshälfte soll Justizminister Heiko Maas (SPD) einen Gesetzentwurf vorlegen, schreibt die «Rheinische Post». Schon 2016 könnten dann die ersten Führerscheine wegen Ladendiebstahls oder Steuerhinterziehung einkassiert werden. Doch so einfach ist das nicht. Recht zurückhaltend äußert sich das Justizministerium. Man prüfe die Umsetzung des Vorhabens, sagt ein Sprecher und ergänzt: «Zum Zeitplan kann ich mich derzeit nicht äußern.»

Offen ist nach Informationen der dpa etwa zum Beispiel, bei welchen Delikten tatsächlich Führerscheinentzug als Strafe eingesetzt werden könnte. Und auch wenn es darum geht, bei manchen Tätern aus verschiedenen Einzelstrafen eine Gesamtstrafe zu bilden, könne es Probleme geben, warnen Juristen - wie werden etwa dann die verschiedenen Sanktionen miteinander verrechnet?

Bis heute sind Fahrverbote im Strafrecht nur als Nebenstrafe vorgesehen - sie können nur zusätzlich verhängt werden, neben einer Verurteilung zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe. Außerdem gilt eine Befristung auf ein bis drei Monate Dauer und ein Bezug zum Fahren eines Kraftfahrzeugs. Gut 27 300 strafrechtliche Fahrverbote wurden 2012 verhängt, oft wegen Trunkenheit, Gefährdung des Straßenverkehrs und fahrlässiger Tötung oder Körperverletzung. Die Argumente von Befürwortern und Kritikern des Fahrverbots als Hauptstrafe sind seit Jahrzehnten ähnlich. Weil die Mobilität für Viele einen hohen Stellenwert hat, sei ein Fahrverbot oft spürbarer als eine Geldstrafe, glauben die Fans des Vorstoßes.

Der ADAC warnt dagegen vor «Zwei-Klassen-Justiz». Der Gleichheitsgrundsatz werde verletzt, weil ein Verbot Wenig- und Vielfahrer wie Berufspendler ungleich belaste. Anwälte und Richter sehen die erzieherische Wirkung als «Denkzettel» für Verkehrssünder gefährdet. Wer auf dem Land wohne, werde zudem stärker belastet als Stadtmenschen, die auf öffentlichen Nahverkehr zurückgreifen könnten. Und wer genug Geld habe, könne sich ja auch chauffieren lassen.

Zwar bekräftigten die Spitzen der Koalitionsfraktionen von CDU, CSU und SPD den Willen zu einem neuen Anlauf beim Fahrverbot als Alternativstrafe erst am vergangenen Donnerstag. Doch auch die Gegner bringen sich in Stellung. Als «verfassungsrechtlich höchst bedenklich» beurteilt die Grünen-Rechtsexpertin Katja Keul das Vorhaben, ganz ähnlich wie ihre Kollegin von der Linksfraktion, Halina Wawzyniak. Am Ende könnte ein schwarz-rotes Fahrverbot also vor dem Bundesverfassungsgericht landen.

dpa/autozeitung.de
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Re: Straftäter: Fahrverbot statt Geldstrafe

Beitrag von Elo »

Hallo,

auch wenn dieser Beitrag schon ein paar Tage alt ist, möchte ich meinen Senf dazu geben:

1. Autofahren per se ist kein Menschenrecht. Generell kann die Politik das einschränken, was sie ja auch permanent tut (nur mit Führerschein, der wird erst ab einem gewissen Alter und mit bestandener Prüfung abgegeben). Ich halte es dennoch für verkehrt, ein Fahrverbot für verkehrsfremde Straftaten zu erteilen.
Aus zwei Gründen:
- Fahrverbote werden vergleichsweise selten kontrolliert. Mein Lappen wurde in den letzten 5 Jahren gar nicht kontrolliert, vorher in meinem gesamten Leben vielleicht 5 mal. Es wäre ein leichtes gewesen, einem Fahrverbot auszuweichen, in dem ich den Lappen auf einer fremden Polizeidienststelle abgegeben hätte und weiter gefahren wäre. Das hätte niemand gemerkt, selbst wenn ich unterstelle, dass die Polizisten ihre "Pappenheimer" kennen, also wissen, wer den Lappen abgegeben hat.
- Hier werden Verbrechen wie Ladendiebstahl und Steuerhinterziehung ähnlich geahndet wie ein Vergehen gegen die StVO. Das entkriminalisiert die Verbrechen: Ladendiebstahl ist auf einmal ein "Kavaliersdelikt" wie falsch Parken. Das ist mit Sicherheit das falsche Signal. Es gibt wesentlich bessere Methoden, um Kleinkriminalität zu ahnden.

2. Ein Fahrverbot greift ja nicht wirklich, gerade kurze Fahrverbote sind eine Nullnummer:
- Man hat ein halbes Jahr Zeit, das Fahrverbot anzutreten. Legt man seinen Jahresurlaub so, dass man in der Zeit das Auto nicht braucht, ist nichts verloren.
- Kontrolle? Wie oft wird man schon kontrolliert, ob man den Lappen auch wirklich hat? siehe oben.
So lange Fahrverbot nicht heißt "Schließen Sie das Auto ab und steigen Sie auf Bus & Bahn um, von jetzt ab einen (zwei oder drei) Monat(e)", ist das ein zahnloser Tiger. Man könnte auch für besonders eilige ein kurzzeitiges Fahrverbot veranstalten, z.B. zwei Stunden. Der Schaden generell ist gering, die Kontrollmöglichkeit gut (Schlüssel an den freundlichen Polizisten, der in 2 h wieder vor Ort ist und den Schlüssel wieder zurückgibt), aber der Termin ist trotzdem futsch.
- Andersrum sollte man gerade bei Leuten, die im Straßenverkehr immer wieder aggressiv auffallen und andere gefährden, viel schneller ein "ist generell nicht geeignet, ein KFZ im Straßenverkehr zu führen", also den lebenslangen Führerschein-Entzug aussprechen.

3. Es gibt bessere Möglichkeiten, Kleinkriminelle für ihre Taten zu bestrafen. Derzeit hat das Strafrecht drei Möglichkeiten: Geldbuße/strafe/auflage, Sozialstunden, Haftstrafe. Eine Geldstrafe (buße/auflage) wird in der Regel von wohlhabenderen Mitbürgern problemlos beglichen, während sich Ärmere krum legen müssen, selbst wenn sie im gleichen Verhältnis zum aktuellen Einkommen steht: Wer viel verdient, hat Rücklagen, wer wenig verdient, hat keine.
Reiche werden hier zwar absolut schwerer bestraft, relativ gesehen aber leichter.
Haftstrafen werden in der Regel unter 6 Monaten nicht vollstreckt und sind dann unangemessen teuer. Dazu kommt eine gewisse Prestige-Wirkung in einschlägigen Kreisen dazu.
Bleiben die Sozialstunden: je nach Einrichtung, wo sie abgehalten werden, sind sie hart oder weniger hart. Aber außer den direkt damit betroffenen Leuten weiß keiner, dass man da ist, um irgend etwas zu büßen. Wieso wird so etwas nicht auch in der Öffentlichkeit ausgeführt? Ein Steuerhinterzieher könnte zusätzlich zu einer Geldstrafe dazu verdonnert werden, binnen 2 Monaten 10 Tage in seinem Wohnviertel die Straßen zu fegen und Grünanlagen zu säubern, in einem schicken Overall in stumpfen Orange. Jeder seiner Nachbarn sieht, dass er verknackt wurde. Das dürfte wesentlich mehr weh tun, als jede Geldstrafe.
Und der Park ist auch etwas sauberer.

Schöne Grüße

Elo
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